Ukraine – Menschen, Rohstoffe und andere Interessen

Kriege dezimieren die Bevölkerung! Verzeihen Sie mir diese Binsenweisheit! Es ist eine, aber eine, die man nicht außer Acht lassen darf. Viele Insider sprechen bereits davon, dass es der Ukraine immer schwerer fällt, die „Ausfälle“, also im Klartext: die Menschen, die im Krieg zu Tode gekommen sind, entsprechend ihrer Funktion zu ersetzen. Eine zahlenmäßig dezimierte Bevölkerung kann sich naturgemäß weniger gut verteidigen, daher ist es nötig darauf zu reagieren. Um einen Krieg zu gewinnen, braucht der Staat nicht nur entsprechendes Kriegsgerät, er braucht immer noch Menschen, die diese Waffen bedienen. Wenn ihm diese Menschen „ausgehen“, nützt auch teuerstes Gerät nichts. Maßgebliche Generäle weisen jetzt schon darauf hin, dass Russland auch in dieser Hinsicht den längeren Atem haben wird. Die russische Kriegsmaschinerie rekrutiert sich nicht nur aus einem quasi unerschöpflichen Reservoir, es hat aufgrund seiner autoritären Staatsstruktur auch weniger Probleme damit, seine Mobilmachungen politisch durchzusetzen. Die Ukraine hingegen ist nicht nur in Hinblick auf die Gerätschaften zur Kriegsführung vom amerikanischen und europäischen Wohlwollen abhängig, sondern mit zunehmender Fortdauer des Krieges anscheinend auch in Hinblick auf die Ressource „Mensch“. Im Nachfolgenden wird dazu noch einiges gesagt werden. Zudem kann man damit rechnen, dass die Solidarität, der in den Krieg zumindest schon indirekt involvierten „Westmächte“ , eher zerbröseln wird als das autoritäre System Putin. Vor allem dann, wenn die wirtschaftliche Entwicklung Europas sich weiter so fortsetzt wie sie es augenblicklich tut, wird die Sinnhaftigkeit der Kriegsunterstützung in Frage gestellt werden. Während Russland ein Wirtschaftswachstum verzeichnet, fällt Europa, dank der Sanktionspolitik, immer weiter ab.

Betrachtet man nun die Bevölkerungsentwicklung der Ukraine, so muss man feststellen, dass sich die Ukraine bereits in den letzten Jahrzehnten vor dem Krieg bevölkerungsmäßig ausgedünnt hat. Ob das an der Entwicklung der Geburtenrate liegt oder an Tendenzen zur Abwanderung, sei dahin gestellt. In den letzten Jahren hat sich dieser Effekt durch den Krieg natürlich noch verstärkt. Der Krieg hat eine große Anzahl von Opfern gefordert, so viele, dass die Armee ihre „Ausfälle“ kaum mehr durch Ukrainer ersetzen kann. Viele, auch wehrfähige junge Männer, sind geflüchtet und durch Söldner ersetzt worden. Es liegt auf der Hand, dass sich viele europäische Staaten sogar für den Einsatz von Bodentruppen aus den Beständen der NATO stark machen, weil sie sich eine gerechte Lösung des Konflikts einzig nur in der Form vorstellen können, dass die Ukraine als Sieger vom Platz geht – allen voran Frankreichs Staatspräsident Macron, der sich damit wohl eine Chance wahren will, endgültig aus dem Schatten herauszutreten, den ehemals Frau Merkel auf ihn warf. Dass damit in Europa ein Flächenbrand entstünde, eine Katastrophe ungeheuren Ausmaßes, scheint einige weniger zu stören, als sie eine angeblich „ungerechte“ Lösung für die ukrainische Frage stören würde.

In den letzten 25 Jahren ist die Bevölkerung der Ukraine um rund ein Fünftel gesunken: von 50,9 Millionen im Jahre 1996 auf 41,4 Millionen im Jahre 2022. Das entspricht einem Verlust von knapp 9,9 Millionen Personen. (Quelle: Stat. Bundesamt Deutschland) Dieser Verlust wird sich in den letzten zwei Jahren höchstwahrscheinlich nicht verringert, sondern sicher vermehrt haben. Knapp 1,4 Millionen Menschen sind nach Deutschland geflüchtet, ca. 1 Million ist nach Polen, nach Tschechien sind etwa 400.000, nach Österreich sind ca. 84.000 Menschen gekommen. Offizielle Zahlen darüber, wie viele nach Russland geflüchtet sind, findet man in europäischen Statistiken natürlich leider nicht. Ein Kriegsberichterstatter, der deutsche Journalist und Buchautor Patrik Baab * („Auf beiden Seiten der Front“, kommt 2024) spricht in einem Interview davon, dass angeblich fast 7 Millionen Ukrainer nach Russland geflüchtet seien. Das und andere dem Mainstream gegenläufige Fakten, etwa die Tatsache, dass in den nun russisch besetzten Gebieten des Donbass und der Krim mehrheitlich Russen ansässig sind, dass es seit Jahrzehnten, wenn nicht gar seit Jahrhunderten starke wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen dieser Gebiete und seiner Bevölkerung zu Russland gab, dass sogar eine von Russland durchgeführte Abstimmung über den Anschluss der Gebiete an Russland gegeben hat, die „der Westen“ und die Ukraine nicht anerkannten, will man hier im freien Westen nicht gelten lassen. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, sonst so gern ins Treffen geführt, spielt hier wieder einmal keine Rolle. Aber leugnen lässt sich das alles auch nicht. Alles das ist das natürlich keine Rechtfertigung dafür, den völkerrechtlich nicht gedeckten Anschluss ukrainischer Gebiete an Russland mit kriegerischen Mitteln herbeizuführen. Dass man diese Auseinandersetzung aber mit kriegerischen Mitteln zu Gunsten der Ukraine ebensowenig wird bereinigen können, steht ohne Zweifel auch fest. Man wird sich wie immer in solchen Fällen auf einen Kompromiss einigen müssen, der letztlich mit Gebietsverlusten der Ukraine einhergehen wird. Dass man dies im Vorfeld durch eine geschicktere Politik verhindern hätte können und verhindern hätte müssen, ist auch eine Binsenweisheit. Es geschah nicht. Jetzt ist es zu spät, darüber zu klagen. Die Abwanderung, die Kriegstoten, die Fluchtbewegungen und der damit in Zusammenhang stehende Bevölkerungsrückgang sind zwar nicht das einzige, aber doch ein wichtiges Problem.

Ein anderes Problem betrifft die Landwirtschaft der Ukraine und auch die der EU. Tatsache ist, dass sich die europäischen Bauern vermehrt, u.a. wegen der geförderten Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten aus der Ukraine, in ihrer Existenz bedroht sehen und europaweit gegen die europäische Landwirtschaftspolitik und ihre einschneidenden Auswirkungen protestieren. Dass auch die Annäherung der EU an MERCOSUR ähnliche Gefahren für die einheimische Landwirtschaft in sich birgt, darüber vielleicht ein anderes Mal mehr. Landwirtschaftlich halbwegs autark zu sein, wäre für Europa auch im 21. Jahrhundert kein Nachteil. Darauf zu achten, dass die Ernährungssicherheit gegeben ist, wäre m.E. eine der wesentlichsten Aufgaben der europäischen Staaten. Genau dies wäre aber in Gefahr, würde man die Tendenz, die Bauern weiter unter Druck zu bringen, so dass noch mehr von ihnen aufgeben, aufrecht erhalten. Dass die Gewinner der europäischen Landwirtschaftspolitik nicht die Bauern sind, die nicht mehr durch ihre Arbeit, sondern nur noch durch das Ausfüllen von Formularen für EU-Subventionen überleben, sondern die Landwirtschaftsindustrie und der Handel, die den Hauptteil der Subventionen einstreifen, wer würde das ernsthaft bezweifeln? Wer, sollte man sich fragen, hat ein Interesse daran, die Landwirtschaft noch stärker zu industrialisieren, als es ohnehin schon der Fall ist? Und wer gewinnt, wenn Europa massenhaft Getreide aus der Ukraine importiert?

Abgesehen von allgemeinen politischen und sicherheitspolitischen Interessen, die ich hier in früheren Beiträgen schon angesprochen habe, gibt es natürlich auch andere handfeste Gründe, die die Ukraine sowohl für Russland als auch für die Amerikaner und natürlich auch für die Europäer interessant macht. Die Ukraine war immer schon eine der lukrativsten Kornkammern der Welt, niemand sollte das besser wissen als wir Österreicher, als eines der Überbleibsel der k.u.k. Monarchie. Weite Teile der Ukraine gehörten bekanntlich zum habsburgischen Großreich und trugen maßgeblich dazu bei, die Monarchie mit Lebensmitteln versorgen zu können. Zu glauben, dass das Faktum der Bodenfruchtbarkeit heute keine Rolle mehr spielt, wäre ein großer Irrtum. Längst haben sich dort westliche Großkonzerne ihre Einflussbereiche in Bezug auf die ertragreichen Schwarzerdeböden gesichert. Dass es sogar jetzt im Krieg in Absprache mit dem Erzfeind Russland gelingt, zahlreiche Weizenexporte aus dem Kriegsgebiet über das Schwarze Meer und auf dem Landweg herauszubringen, sollte man vielleicht weniger als Indiz für die „humanitäre Einstellung“ Russlands oder gar des Westens den „Hungernden der Welt“ gegenüber begreifen, sondern besser als beinhartes Geschäft, das enorme Gewinne abwirft. In der Ukraine können amerikanische und europäische Konzerne, im Vergleich zum übrigen Europa, konkurrenzlos billig Getreide erzeugen. Aber die Verfügungsgewalt über diese Ressource ist natürlich nicht das einzige Interesse, das die Staaten leitet.

Die Ukraine verfügt darüber hinaus, und das ist vielleicht weniger bekannt, über die größten Lithiumvorkommen Europas. Lithium ist ein wesentlicher Grundstoff für die Herstellung von Batterien, die unsere „geliebten“ Elektroautos so dringend benötigen. Vielleicht wissen das „die friedensbewegten Grünen“ sogar und stehen einer kriegerischen Lösung deswegen nahe? Könnte das etwa auch ein Grund dafür sein, warum die „Freiheit“ der Ukraine so interessant für Europa und den Westen ist? Zu erwähnen, dass Frankreich sein Uran für die Atomkraftwerke nach wie vor aus Russland bezieht, es ist auf Wunsch Frankreichs von der Sanktionsliste gestrichen worden, ist vielleicht auch nicht ganz uninteressant.

Geht es dem Westen wirklich nur darum, dass alle Völker der Welt in Freiheit und Selbstbestimmung leben können? Geht es wirklich darum, in der Ukraine der Demokratie westlicher Prägung zum Durchbruch zu verhelfen? Und wer kann mit Sicherheit beurteilen, dass eine „Demokratie westlicher Prägung“ das für die Ukraine am besten geeignete System ist? Wen, sollte man sich fragen, stört es, dass dieselben angeblich freiheitsliebenden, westlichen Demokraten, die sich berufen fühlen allen Anderen Demokratie beizubringen, jene „Verräter“, die es wagen, die Kriegsverbrechen der eigenen westlichen Vorzeigedemokratien öffentlich zu machen, [Julien Assange, Bradley (Chelsea) Manning] jahrelang ohne rechtsstaatliches Urteil in Gefängnissen schmachten lassen und so deren Leben zerstören? Das alles stört sie nicht? Navalny ist schutzbedürftig – Assange nicht? Die Kriegsbefürworter haben sich wiedereinmal das Mäntelchen „Kämpfer für die Freiheit“ umgetan und versuchen sich so mit einem „cordon sanitaire“ zu umgegeben, um sich gegen jegliche Kritik zu immunisieren. Dem russischsprachigen Kleinbauern in der Ost-Ukraine wird es mehr oder weniger egal sein, ob er von einem russischen oder einem ukrainischen Oligarchen gepiesackt wird, wenn im Gegenzug dafür seine Frau, seine Söhne und Töchter am Leben bleiben, sein Haus unversehrt bleibt und er ein Leben in Sicherheit führen kann.

Wir sollten unsere Politiker nicht so einfach davonkommen lassen und auch die latenten Interessen offenzulegen versuchen, die man uns zu verheimlichen trachtet. Daran zu arbeiten, könnte sich lohnen. Es stehen übrigens in naher Zukunft Wahlen zum Europäischen Parlament an. Vielleicht wäre es angebracht, nicht auf die vielen verlockenden Versprechungen zu vertrauen, die man uns Wählern sicher wieder machen wird, sondern bei der Stimmabgabe auf die eigene kritische Beurteilung der Ergebnisse bisheriger Politik setzen.

Anmerkung:

Da Patrik Baab der offiziellen Medien-Meinung, dem Mainstream, oft widerspricht, wird er von seinen Gegnern gerne ins Lager der „Schwurbler“, „Faktenverdreher“, „Verschwörungstheoretiker“ und „Putin-Versteher“ abgeschoben, seine Auftritts- Veröffentlichungsmöglichkeiten wurden eingeschränkt. Die Vorkommnisse rund um andere „Widerspenstige“, die ihre meiner Ansicht nach oft gut begründeten Forschungsergebnisse oder auch Meinungsäußerungen sogar mit dem Verlust ihrer Professur oder anderen Anstellungsverhältnissen im Bereich der Medien oder des Wissenschaftsbetriebes bezahlen mussten, lassen mich vorsichtig sein mit der Übernahme solcher „Urteile“. Ob Baab zu Recht als Faktenverdreher bezeichnet wird, darüber möge sich also jeder sein eigenes Bild machen. Ich für meinen Teil, habe mir dazu noch kein abschließendes Urteil bilden können, weil die Faktenlage dies für mich noch nicht zulässt. Ich bin jedenfalls offenen Herzens bereit, einige seiner Überlegungen unvoreingenommen zu überdenken, zumindest solange mir keine gegenläufigen Fakten bekannt sind.

Europa für den Krieg vorbereiten

„Wenn die EU nicht richtig reagiert und die Ukraine nicht ausreichend unterstützt, um Russland aufzuhalten, sind wir die Nächsten. Wir müssen daher verteidigungsbereit sein und in einen Kriegswirtschaftsmodus übergehen“, so (der EU-Ratspräsident Charles, Anm.des Autors ) Michel. „Wenn wir Frieden wollen, müssen wir uns auf den Krieg vorbereiten.“ ( im online-Kurier vom 19.3.2024)

Es lässt sich nicht länger verheimlichen: Das mit dem „Friedensprojekt Europa“ war nicht mehr als ein guter Gag, von dem die Europäer sich täuschen ließen! Die Bevölkerung Europas soll von ihren Politikern und den ihnen hörigen Medien sukzessive kriegsreif gemacht werden! Jean Monnet und Robert Schumann, die beiden Gründerväter des europäischen Gemeinschaftsgedankens, würden sich im Grabe umdrehen, wüssten sie, was aus ihrem Projekt geworden ist.

„Der Westen ist noch nicht bereit für den Frieden!“ Das habe Boris Johnson auf Geheiß Bidens Putin ausrichten lassen, berichtet der ehemalige Nato-General Kujat. Alles sei für den Frieden vorbereitet gewesen. Die Verträge von Istanbul waren bereits ausgehandelt; alle waren einverstanden, auch Selensky, alles war bereits paraphiert, da zogen die USA die Notbremse und verhinderten mit einem von ihnen initiierten Veto durch Großbritanniens Premier das Kriegsende. Und kaum jemand spricht darüber! Man sollte sich endlich fragen, welches Interesse die USA haben kann, den Krieg am Laufen zu halten. Aber solche Fragen sind in den sogenannten „Leitmedien“ des demokratischen Europa nicht auf der Tagesordnung.

Die Zeichen stehen auf Krieg, auch das neutrale Österreich kann sich der Diskussion offensichtlich nicht mehr entziehen. Ist es noch zeitgemäß, neutral sein zu wollen? Die Verrenkungen die Österreichs Politiker veranstalten, die Neutralität als überholt aussehen zu lassen, sind grotesk. Wir sind militärisch neutral, sagt der Außenminister, aber wir sind nicht „wertneutral“! Sieh an! Natürlich nicht, wir dürfen Verantwortliche beim Namen nennen, und das soll man auch tun. Die schändliche Rolle Putins ist als solche zu benennen, aber wir dürfen keine Kriegspartei bevorzugt in ihrem verbrecherischen Tun unterstützen. Putin die Alleinschuld an der Lage zuzuweisen, und das ist Mainstream, erfordert aber ein großes Maß an politischer Ignoranz und einseitiger Betrachtungsweise, die nichts mit Objektivität, Unparteilichkeit oder gar Neutralität zu tun hat. Zugegeben, es ist schwierig, sich nicht in den Spinnweben der Meinungsmache zu verfangen, aber versuchen sollte man es wenigstens, auch wenn die Propagandamaschinen beider Seiten auf Hochtouren laufen. Zu glauben, dass es Selensky um Werte geht oder gar um die Freiheit Europas, dazu gehört schon eine anständige Portion Verblendung. Es geht um politische und wirtschaftliche Interessen. Dafür sterben die Menschen und nicht für irgendjemandes Freiheit.

Die Kriegsmaschinerie läuft! Wenn im ORF über die Neutralität diskutiert wird, werden (siehe beispielsweise die Diskussion „Im Zentrum“, am 18.3. 2024) vier Neutralitätsskeptiker und Befürworter der NATO eingeladen (Hojos von den Neos, der Schweizer Marco Jorio, Ralph Janik, der ehemalige schwedische Botschafter Hellström, aber nur eine einzige Neutralitätsbefürworterin, Fr. Susanne Fürst von der FPÖ), das ist für ein Medium, das sich selbst gerne als ein objektives bezeichnet und seine Privilegien mit „staatstragender, demokratiesichernder“ Funktion begründet, eigentlich eine Schande. Guter Journalismus hat nicht Partei zu ergreifen. Wann werden die das je im ORF begreifen?

Das alles hat Methode. Anstatt über Interessen zu berichten, werden den Zusehern lieber „WERTE“ unterschoben. Aber immer mehr Menschen erkennen, was gespielt wird. Und so funktioniert die „Erzählung“ immer weniger gut. Es funktioniert nicht einmal mehr bei der Berichterstattung über andere soziale Themen. Dass es bei den jüngsten sozialen Auseinandersetzungen rund um Immigration, leistbares Wohnen, Zweiklassen-Medizin, Bauernsterben, Bodenversiegelung, Umweltschutz längst nicht mehr zielführend ist, diesen Fragen mit den herkömmlichen Werkzeugen zu Leibe zu rücken, die noch in den 1970ern gut anwendbar waren und den Kampf: „Links“ gegen „Rechts“ abbildeten, auch das ist anscheinend noch nicht allen Verantwortlichen im ORF klar geworden. Es geht schon lange nicht mehr um „Links gegen Rechts“, auch wenn das die Bürgermeisterwahlen in Graz und Salzburg vermuten ließen. Es geht längst um „Oben gegen Unten“ um „Reich gegen Arm“. Es genügt längst nicht mehr, sich hinter dem Slogan „Wir sind alle gegen Rechts!“ zu versammeln. Das löst keine Probleme! Wenn das auch im sogenannten linken Qualitätsjournalismus immer noch als erfolgversprechend angesehen wird, kann man in Wahrheit besser unter „Verwahrlosung des Journalismus“ einreihen. Wen wundert es, wenn diese Vereinfachungen sozialer Realität auch in Hinblick auf kompliziertere Sachverhalte wie den Ukraine Krieg Platz greift. Der Schuldige – Putin – wurde erkannt und weitere Fragen werden nicht gestellt, brauchen nicht gestellt werden?

Jetzt sprechen alle nur davon, dass man Putin stoppen müsse, weil er sonst ganz Europa „einsacken“ würde. Sogar in Österreich, einem Land mit jahrzehntelanger, guter Erfahrung hinsichtlich Neutralität wird dieses verfassungsrechtlich verankerte Prinzip plötzlich von vielen in Frage gestellt. Die Frau Verteidigungsministerin sagt jüngst im Einleitungsfilm zur ORF-Sendung „Im Zentrum“ den höchstverräterischen Satz: Österreich ist auf absehbare Zeit neutral.“ Nein, Frau Ministerin, Österreich ist „aus freien Stücken immerwährend neutral“!

Alles das zeigt, es hat ein „Wertewandel“ stattgefunden. Nicht nur was die Friedenspolitik anlangt. Aus „Nie wieder Krieg!“ oder wenigstens „lasst uns alles tun, um den Krieg zu beenden!“ wurde: „Man muss Putin stoppen!“ Koste es, was es wolle!

Auch in Hinblick auf die Werte der ehemals als Ideal angedachten „Offenen Gesellschaft“ hat sich einiges geändert: diejenigen, die sich immer für Meinungsvielfalt stark gemacht haben, größtenteils im grünen und linksliberalen Spektrum verortet, vertreten nun genau das Gegenteil: „cancel culture“. Es ist verwerflich die Worte: Zigeuner, Indianer, Neger oder Eskimo zu verwenden, was an der sozialen Lage von Minderheiten so gut wie nichts ändert, aber man darf wieder offen für den gerechten Krieg sein. Wie hat schon der legendäre Karl Kraus in „Die letzten Tage der Menschheit“ treffend geschrieben: „Der Krieg, für den wir ausgezogen wurden, ist ein gerechter!“ Wer gegen den Krieg auftritt, wer beispielsweise auf die Chronologie der NATO-Erweiterung verweist, die von ursprünglich 12 Mitgliedern auf nunmehr 32 Mitglieder angewachsen ist, und die damit einhergehende Bedrohung für Russland ins Treffen führt, wird als Putin-Versteher abqualifiziert, mit dem zu reden, sich nicht lohnt. Ich rate jedem, sich die Erweiterungsschritte auf einer Landkarte anzusehen. Wem dann noch kein „Licht aufgeht“, dem ist nicht zu helfen. Eine etwaige Mitschuld der USA oder der NATO am Krieg zu behaupten, wird inzwischen fast als Landesverrat angesehen. Wann wird sich endlich ein Journalist im ORF finden, der die Rolle der USA, die diese bei der Vereitelung der Annäherung von Putin-Russland und Europa, so wie sie kurz vor, aber auch nach der deutschen Wiedervereinigung von vorausschauenden Westpolitikern angedacht war, unter die Lupe nimmt. Dabei sollte man nicht außer Acht lassen, dass schon einmal eine Annäherung zwischen Deutschland und Russland (siehe: Konferenz von Rapallo, 1922) von den USA erfolgreich verhindert wurde. Anstatt die Vertiefung der Beziehungen verstärkt zu betreiben, ließen sich die Deutschen nach der Ära Brandt wohl auf Druck der NATO wieder davon abbringen und beschränkten sich unter Schröder auf den Ausbau des von den USA abgelehnten Nordstream-Projekts. Sie stimmten sogar entgegen ihren Versprechungen die NATO nicht weiter auszudehnen, mit denen sie nicht zuletzt die Wiedervereinigung Deutschlands erreichten, immer wieder der Ausweitung der NATO zu. Dass dies von den Russen auf Dauer ohne Reaktion hingenommen würde, kann doch niemand ernsthaft angenommen haben.

Dieser Krieg auf europäischem Boden wird die europäische Wirtschaft auf Jahrzehnte hinaus schwächen. Die Lieferungen von Rohstoffen, insbesondere Gas, ist erschwert, was die Preise vieler Produkte exorbitant erhöhte und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft enorm geschädigt hat. Eine der beiden Leitungen von Nord-Stream wurde bekanntlich gesprengt (höchstwahrscheinlich von den USA, Biden hat das selbst im Fernsehen mehr oder weniger deutlich angekündigt), die zweite könnte jederzeit in Betrieb genommen werden, zudem hat auch die Ukraine eine Gasleitung, die durch ihr Staatsgebiet führt; diese ist von der Ukraine für Europa gesperrt und kein europäischer Politiker wagt zu verlangen, dass sie geöffnet werden müsse. Trotzdem gibt es für die Ukraine jede denkbare Unterstützung der Europäischen Union. Die USA haben sich durch diesen geschickten Schachzug, Europa zumindest einmal wirtschaftlich in den Krieg zu führen, eines potenten wirtschaftlichen und politischen Konkurrenten entledigt und können sich nun ganz auf die Konkurrenten China und Indien konzentrieren. Europa ist auf Jahre hinaus keine Gefahr mehr. Es ist jetzt notgedrungen mit sich selbst beschäftigt. Ich vermute, die USA werden ihre Unterstützung der Ukraine höchstwahrscheinlich nach und nach zurücknehmen, aber nicht ganz einstellen, damit der Krieg am Laufen bleibt. So könnte es, wenn sich die Staaten Europas nicht besinnen, noch lange mit dem Krieg weitergehen. Die USA können zufrieden sein. Das von Trump geprägte „Amerika first“ wird nun von seinem Widersacher Biden weiterhin exekutiert, wenn auch versteckt. Nach dem die USA es geschafft haben, viele Staaten Afrikas, allen voran Libyen, aber auch Syrien, nicht zu vergessen Afghanistan, zu destabilisieren, was für Europa seit Jahren bedeutet, mit enormen Flüchtlingsströmen fertig werden zu müssen, ist mit dem Ausbruch des Ukrainekriegs nun leider auch ein Schritt hin zur Destabilisierung Europas gesetzt worden. Wäre ich Tiroler, würde ich vielleicht sagen: Es ist Zeit „Mander!“, dass wir uns unserer ureigensten Interessen besinnen!

Neutralität am Prüfstand

Der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) rät Österreich dazu, seine Neutralitätspolitik grundlegend zu überdenken. Im Falle eines Rückzugs der USA aus Europa sei für Neutralität auf dem Kontinent nämlich nur „wenig Platz“, so Schüssel in einem Beitrag für das Magazin „Der Pragmaticus“. (Die Presse online, 11.3.2024)

„Überdenken“ ist ein typischer, euphemistisch-verschleiernder Ausdruck dafür, dass eigentlich „aufgeben“ gemeint wird. Schüssel will die Neutralität nicht überdenken, er will, dass man sie aufgibt. Will es aber nicht offen sagen. Man kann nur hoffen, dass diese Ansicht nie zur Mehrheitsmeinung der Österreicher wird.

Es ist eine Tatsache, dass Wolfgang Schüssel so wie viele andere Politiker auch, ich denke an Herrn Vranitzky, aber natürlich auch an Herrn Mock, an alle, die anlässlich der EU-Beitrittsverhandlungen dabei waren, immer wieder betonten, dass ein EU-Beitritt an der Neutralität Österreichs nichts ändern werde. Das war offensichtlich gelogen, wie wir heute wissen. Heute wird uns Staatsbürgern in mehr oder weniger verschlüsselten Worten mitgeteilt, dass es ohnehin schon eine Beistandspflicht im Rahmen der EU gäbe auch ohne, dass wir der NATO offiziell beigetreten wären. Dass Österreich seit langem als Korridor für westliche Waffensysteme genutzt wird, mit und ohne Ausnahmegenehmigungen, ist auch seit Langem öffentlich bekannt. Kurz, es wird alles unternommen, die verfassungsmäßig verbürgte Neutralität so lange auszuhöhlen, bis nichts außer dem Namen übriggeblieben ist. Dass es gerade die FPÖ ist, die sich jetzt für Österreichs Neutralität stark macht, ist der Treppenwitz der Geschichte, weil ich mich noch an Zeiten erinnere, wo gerade sie es war, die offen für einen Nato-Beitritt eintrat. Sie hat ihre Meinung geändert, was mich freut, die anderen Parteien, zumindest große Teile der ÖVP haben ihre Meinung offensichtlich auch geändert, was mich beunruhigt. Die Neos sind offen für einen NATO-Beitritt, was sie für mich unwählbar macht, bei der SPÖ und den Grünen weiß man/ich es nicht so genau.

Der Krieg in der Ukraine hat diese Frage auch in Österreich wieder virulent werden lassen. Das Hauptargument liegt wieder einmal darin, dass Österreich alleine nicht in der Lage wäre, sich gegen einen eventuellen Angriff Russlands erfolgreich zu wehren. Dieses Argument lässt sich natürlich nicht entkräften. Nein, wir wären hoffnungslos unterlegen. Aber gerade das wäre unser Glück. Diese Einsicht allein, würde unser Land vor der vollständigen Vernichtung bewahren. Würden wir in einen Krieg gegen Russland an der Seite der Nato verwickelt, würde das die vollständige Vernichtung Mitteleuropas und damit Österreichs bedeuten. Dass auch der Erste Weltkrieg ein Krieg der „Bündnisse“ war, ist erwiesen. Bündnisse entwickeln bekanntlich oft verhängnisvolle, nicht vorhersehbare, toxische „Nebenwirkungen“, die von niemand gewollt werden, aber auch – so sie einmal zu wirken beginnen – von niemandem mehr verhindert werden können .

Man sieht aber am Beispiel der Ukraine wie verhängnisvoll sich die von der Ukraine verfolgte Politik der Annäherung an die NATO ausgewirkt hat. Diese unselige Bündnispolitik – angeblich im Namen des Friedens – war es, die, weil mit den Machtinteressen Russlands unvereinbar, die Ukraine und auch Teile Europas wieder in diesen unseligen Krieg verwickelt hat. Hätte man die damaligen Vorschläge Russlands (kein NATO-Beitritt, Annahme eine neutralen Status, Abtretung der Krim) angenommen, wäre vielleicht alles ausgeblieben. Nun sieht so aus, als würde man noch Jahre so weitermachen, bis alles in Schutt und Asche liegt und wirklich in jeder ukrainischen Familie Tote zu beklagen sind. Verhandlungen mit dem russischen Feind gesetzlich zu verbieten, wie es Selensky getan hat, schließt eine Beendigung des Krieges aus. Wohin soll/wird das führen?

Man will es nicht wahrhaben, aber in der Politik geht es immer um Interessen. Wenn diese auf dem Verhandlungstisch nicht ausgeglichen werden können, gibt es Krieg. Und das unabhängig davon, wie die Führer der mächtigen Staaten gerade heißen. Die Staatsführer sind meist auch nicht viel mehr als nur die Personifikationen von Interessen. Russland hätte sich – so sagte man wenigstens – mit einer neutralen Ukraine zufrieden gegeben, welcher Teufel hat die Verantwortlichen geritten, es nicht wenigstens zu versuchen? Stattdessen beschloss man, nicht darauf einzugehen und alles das in Kauf zu nehmen, was sich anschließend entwickelt hat. Die furchtbaren Folgen tragen die ukrainischen Bürger und natürlich auch die russischen, die vom Regime Putin zum Kriegsdienst verpflichtet wurden und auf dem Schlachtfeld ihr Leben lassen müssen. Vielleicht wäre die Neutralität ihre Rettung gewesen?

Zurück zu Österreich: Die Neutralität stellt keinen direkten und verlässlichen Schutz vor Angriffen für Österreich dar. Besonders auch deswegen, weil sie von den Regierungen der Nachkriegszeit beständig ausgehöhlt wurde; sie ist aber mehr oder weniger die einzige Möglichkeit im Falle kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Staaten die eigene Unabhängigkeit und vor allem die Entscheidungskompetenz zu bewahren. Sobald man in ein „Bündnis“ eintritt, sind damit nicht nur Rechte, sondern natürlich auch Pflichten verbunden. In der NATO herrscht die sogenannte „Beistandspflicht“, für den Fall, dass ein Nato-Staat von einem anderen (Nicht-Nato-) Staat angegriffen wird. Ob diese Beistandspflicht auch schlagend wird, wenn der Erst-Angriff von einem Nato-Staat ausgeht, bleibt offen. Ebenso bleibt offen, wie es sich verhält, wenn – so wie es jetzt geschieht – NATOstaaten durch Waffenlieferungen, Beistellung von unterstützendem Personal und Infrastruktur einen anderen Staat (jetzt die UKRAINE) unterstützt und so zumindest indirekt Kriegspartei wird. (Wer einen Krieg wirklich begonnen hat, bleibt meist ohnehin ungewiss.) Nur als bündnisfreier und neutraler Staat hat man die Entscheidungsgewalt über Krieg und Frieden in den eigenen Händen. Ist Österreich ein Bündnispartner in der NATO entscheiden andere über sein Schicksal. Dass kleine neutrale Staaten sogar einen Weltkrieg unbeschadet überstehen können, hat die Schweiz im Zweiten Weltkrieg eindrucksvoll bewiesen.

Und wenn es wirklich jemals zu einem Angriff Russlands auf Österreich kommen sollte, was mehr als unwahrscheinlich ist, würde ich mich, um eine vollständige Zerstörung Österreichs zu verhindern, lieber eine Zeit lang einem russischen Regime unterordnen als Hunderttausende von Toten und die Zerstörung alles dessen zu riskieren, was in den letzten Jahrzehnten an Werten und Wohlstand aufgebaut wurde. Interessen ändern sich, Regime kommen und gehen, auch Putin wird eines Tages sterben. Vielleicht gelingt es nachfolgenden Generationen in Europa doch noch, Russland „ins Boot zu holen“! Niemand kann die Zukunft voraussehen. Wer von uns hätte je gedacht, dass es zu unseren Lebzeiten zu einer Wiedervereinigung Deutschlands kommen könnte? Auch verbrecherische, autokratische Regime gehen unter, man muss vielleicht nur einen langen Atem haben.

Das wäre es gewesen, was ich den Ukrainern geraten hätte, hätten sie mich gefragt.

Zum Tod des russischen Regimekritikers Alexei Anatoljewitsch Navalny

Der russische Regimekritiker, Dokumentarfilmer und Aktivist, der ein Attentat des russischen Geheimdienstes nur knapp überlebte, ist am 16. Februar dieses Jahres im Straflager verstorben. Welche Rolle genau diese schillernde Figur, die lange Zeit von den westlichen Medien als „rechtsextrem“ eingestuft wurde, in der russischen Politik gespielt hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Tatsache ist, dass sein Engagement gegen das herrschende Regime Putin ihm im Westen große Sympathie einbrachte. Er war ein im Westen geachteter Aufdecker und Oppositioneller, kritisierte er doch den „Feind“. Jene Oppositionellen, die interne Missstände ( die immer geheim sind) im Westen aufdecken, sind weniger beliebt. Sie gelten als „Vaterlandsverräter“ und müssen mit Haftstrafen zurecht kommen. Wie man Geheimnisverräter behandelt, darin sind sich der angeblich demokratische Westen und das angeblich diktatorische Russland einig. Sie werfen diese „Kreaturen“ ins Gefängnis.

Das Messen mit zweierlei Maß war immer schon eine beliebte Möglichkeit der Indoktrination (In-group Tugenden sind Out-group Laster) und gehört inzwischen längst auch zur politischen Kultur des angeblich friedlichen Europa. Navalny ist ein Märtyrer und Assange ein verachtenswertes Individuum! So wird es von den ach-so-freien westlichen Medien dargestellt.

Missstände müssen aufgedeckt und beseitigt werden. Das entspricht dem Bedürfnis nach Information, den Grundsätzen der freien Meinungsäußerung, der Medienfreiheit und somit also dem vielbeschworenen europäischen Wertekanon. Das Berufen auf die sogenannten „europäischen Werte“ hat inzwischen aber bereits jede Glaubwürdigkeit eingebüßt, durch die Unterstützung von Regimen wie dem in Saudi Arabien beispielsweise, aber auch durch die unverhältnismäßig vorangetriebene Ausdehnung der NATO.

Europa hat seine Unschuld damit verloren! Das „Friedensprojekt“ wurde zu einem „Machtprojekt“. Unversehens wurde Europa dadurch politisch, aber auch wirtschaftlich, – nicht aus Dummheit, das wäre angesichts der intellektuellen Kapazität der öst. und dt. Führungseliten versteh und eventuell sogar verzeihbar, – sondern, wie ich glaube, mutwillig und mit Berechnung von einer verantwortungslosen Politikerkaste, deren Interesse offensichtlich leider nicht von den Bedürfnissen der europäischen Bevölkerung, sondern von Partikularinteressen einiger Konzerne geleitet ist, an den Rand eines Fiaskos, wenn nicht gar an den Rand eines dritten großen Krieges geführt.

Man kann nur hoffen, und ich hoffe es immer noch, dass die wenigen Vernünftigen, die es noch gibt, in ihren Deeskalationsbemühungen erfolgreich sein werden. Wenn wir bis jetzt aus der Geschichte nichts gelernt haben, werden wir vielleicht keine Möglichkeit des Lernens mehr bekommen. „Trial and error“ funktioniert mit Atombomben leider nicht.

Über die (Verfuehrungs-) Kraft von Ideen

„Jede Idee wird Wirklichkeit in den schmutzigen Fluten des Lebens; und diese Wirklichkeit kann um so größer sein, je mehr man auf der Reinheit der Idee besteht; um so schmutziger, je mehr die Führung das Schicksal der Idee mit ihren eigenen (Ideen? Anm.d.Verf.) identifizieren – mit ihren Wünschen, ihrem Ehrgeiz, ihrem Leben, ihrer sogenannten Verantwortung vor der Geschichte. Als Vertreter von Ideen hört der Mensch nicht auf, der Sklave seiner menschlichen Eigenschaften zu sein: die Geschichte wimmelt von Revolutionären, die nur um ihres eigenen Ehrgeizes willen jedes Maß und Ziel verloren haben.“

Milovan Djilas, Die unvollkommene Gesellschaft, Büchergilde Gutenberg, Frankfurt, 1969, S. 220

Hundeführerschein oder Hunde-„Waffenschein“?

„Es ist nicht die Waffe, die tötet, es ist der Mensch!“ So oder ähnlich argumentieren die Waffenlobbyisten in den USA.

Seit Jahren bringen sie jede Bestrebung den privaten Waffenbesitz, ein seit den Tagen der Eroberung des Westens verbrieftes Grundrecht amerikanischer Bürger, zu beschränken zu Fall. Dass sich die Zeiten seit den Tagen dieser „Verbriefung“ geändert haben, wird wohl niemand bestreiten. Dennoch beharrt ein Großteil der amerikanischen Bevölkerung auf seinem Recht, Waffen nicht nur zu besitzen, sondern auch mit sich zu führen. Den Waffenbesitz einzuschränken, wird seit vielen Jahrzehnten versucht, gelungen ist das Vorhaben bisher nicht. Obgleich nach jedem „Amoklauf“ der Ruf nach strengeren Waffengesetzen laut wird, geschieht nichts. Das Waffenrecht in Österreich ist weniger liberal, doch auch hier ist einiges zu viel an Material in Umlauf. Es hält sich aber insgesamt im Erträglichen.

Österreich hat ein anderes, ähnliches „Gewalt-Problem“. Nachdem der Zugang zu Waffen nicht so einfach ist, behilft man sich mit anderem, aber gleichwertigem Ersatz. Man hält sich „Kampf-Hunde“. Nicht jeder Hund ist eine Waffe, natürlich; es gibt ausgesprochen liebenswerte, gutmütige Vertreter; Schoßhündchen, die nur zum „Gernhaben“ gehalten werden, solche mit denen man gerne spazieren geht, solche, die für bestimmte Zwecke gezüchtet werden (Jagdhunde, Hirtenhunde, Rettungshunde etc.) Und es gibt gefährliche und weniger gefährliche; höchst selten im Zusammenhang mit Beißattacken genannt werden, beispielsweise der Golden Retriever, der Pudel, der Dackel, und viele andere; und dann gibt es aber auch jene, die über Jahrzehnte für den „Kampf“ gezüchtet wurden. Man muss kein Experte in „Vererbungslehre“ sein, wenn man feststellt, dass das Genmaterial eine nicht unwesentliche, wenn auch nicht ausschließliche Rolle für das Verhalten eines Tieres spielt. (Kampfstiere, für die Arena in Spanien werden mit großem Erfolg so gezüchtet, dass sie ein möglichst großes Aggressionspotential entwickeln) Dass auch jene Rassen, die gemeinhin als „Kampfhunde“ bezeichnet werden, genetisch dahin gezüchtet wurden, dass sie ihr Aggressionspotential möglichst optimieren, wird einsichtig sein. Dass diese genetische Option erst unter entsprechender Förderung in vollem Umfang zu Tage tritt, ist ebenso einsichtig. Fehlt diese Förderung, wird diese genetische Option der latenten Bereitschaft zu Kampf im Zaume zu halten sein. Der Hund wird sich vielleicht ganz und gar unauffällig und „rasseuntypisch“ verhalten. Wehe aber, diese latente Bereitschaft zum Kampf wird durch einen „Trigger“ angefacht. Dann sind alle überrascht, dass das „liebe Viecherl“ so reagiert hat.

Der tragische Vorfall in der jüngsten Vergangenheit, bei dem eine Joggerin von einem „Kampfhund“ totgebissen wurde ist allen in Erinnerung. Ohne den Einzelfall hier beurteilen zu wollen, ist einiges auffällig.

Auffällig ist, dass nach diesem „Vorfall“ vom ORF Interviews geführt wurden, mit Nachbarn des Opfers, die durchwegs schockiert klangen und wen wundert’s, sogleich mit calmierenden „Tierschützern“, die sofort zu beteuern wussten, dass es überhaupt keinen Grund gäbe von der Gefährlichkeit von Kampfhunden zu sprechen. Nicht die Hunde seien es, die gefährlich wären, das Problem gehe immer von deren Besitzern aus. Würde der Hund „artgerecht“ gehalten, würde es auch keine Probleme geben, sagt man. Vielleicht war ja ohnehin die Joggerin schuld? Das hätte gerade noch gefehlt. Wie aber hält man einen Hund einer Rasse, die Jahrzehnte für den Kampf gezüchtet wurde, „artgerecht“? Lässt man ihn kämpfen? Das ist in Österreich verboten, denke ich.

Die andere Möglichkeit besteht darin, diese Tiere zu „befrieden“. Man muss alles tun, ihre genetischen Optionen Aggressionen zu entwickeln, möglichst zu unterdrücken. Das mag in einzelnen Fällen gut gelingen. In anderen Fällen gelingt das nicht, in einigen Fällen versucht man es gleich gar nicht. Im hier zit. Fall soll der Hund sogar „illegal scharfgemacht“ worden sein, hört man. Wenn das der Fall gewesen ist, sollte die Halterin die volle Strenge des Gesetzes treffen. Einige Jahre Haft (fünf bis zehn) unbedingt ausgesprochen, fände ich angebracht. Umso mehr als man auch im Sinne der „Generalprävention“ Recht zu sprechen hätte. Wenn es wirklich so ist, dass den Hund keine Schuld trifft, dann trifft die Schuld die Halterin allein, dann ist diese Strafe nicht zu hoch. (Mehr als ein paar Monate bedingt, wird dabei wohl nicht herauskommen, sagt mir meine Erfahrung. Und das Opfer bleibt auf ewig tot! Was für ein Verhältnis?)

Wenn aber Kampfhunde gefährlicher sind als andere, dann vermindert das den Schuldanteil der Halterin? Vielleicht wusste sie gar nicht, welche Waffe sie da „Gassi führt“?

Dummheit ist bekanntlich nicht strafbar.

Ein beliebtes Argument der Hundeliebhaber ist, dass es angeblich keine wissenschaftliche Hinweise darauf gäbe, dass bestimmte Hunderassen gefährlicher als andere sind. Dieses Argument negiert natürlich alle Erkenntnisse der „Vererbungslehre“ und stützt sich fast ausschließlich darauf, dass es keine Statistik darüber gäbe, welche Hunderassen besonders oft in Beißattacken verwickelt sind. Auch wenn bisher keine offizielle Statistik angelegt wurde, ist jeder von uns in der Lage aus der Erfahrung heraus jene Hunderassen aufzuzählen, die besonders oft als „Beisser“ in Erscheinung treten.

Welche Rassen fallen uns ein?

Dobermann, Rottweiler, Schäferhund, und jene Rassen, die man eben als „Kampfhunde“ bezeichnet. Die Reihenfolge ist beliebig. Daneben gibt es noch einige „kleine Kläffer“, die hin und wieder auch „zwicken“, aber keine Gefahr für das Leben darstellen.

Ich verstehe Menschen, die Hunde lieben und Hunde halten. Ich liebe Hunde auch. Einst habe auch ich mein Herz an einen Deutschen Schäfer verloren. Deswegen möchte ich ein bisschen davon erzählen.

Das kleine Etwas, das meine Frau damals in einem geflochtenen Körbchen nach Hause brachte, war also ein Deutscher Schäfer. Ein flauschiges Knäuel, das sofort unser aller Liebling war. Es ist schon einige Jahrzehnte her, damals war von „Welpenschule“ noch keine Rede. Aber als er halbwegs gewachsen war, kam er in die „Hundeschule“. Einige Kurse in „Gerhorsam“ machte ich mit ihm. Dann stellte sich die Frage, ob wir auch das „Schutzprogramm“ mit ihm machen sollten.

Wir lebten damals in einem abgeschiedenen Bauernhaus, um dort Schafe zu züchten; der nächste Nachbar war ca. 600m Luftlinie entfernt und einen „Schutzhund“ für das Haus (und die Herde) zu besitzen, schien uns nicht abwegig. Zwei Stunden Schutzausbildung, die uns sein Aggressionspotential mehr als deutlich vor Augen führten, haben uns genügt, um die Ausbildung sofort abzubrechen. Diesen Hund das gesamte Schutzprogramm durchlaufen zu lassen, schien mir zu riskant, weil mir sofort bewusst war, dass ich mit diesem Hund so lange er am Leben sein würde, „arbeiten“ müsste, sollte er nicht zu einer unberechenbaren Gefahr werden. Diese Zeit hätte ich nicht aufwänden können. Daher gab es nur eines, Abbruch der Schutzausbildung! Der Hund wurde „befriedet“ und zu einem Familienhund erzogen, war immer wachsam und bis zu seinem Tod mit 14 Jahren nie wirklich gefährlich.

Was ich damit sagen will ist, dass es für Hundeliebhaber eigentlich keinen vernünftigen Grund gibt, auf Rassen zu greifen, die aufgrund ihrer Größe und genetischen Optionen zu einer Gefahr für andere Menschen werden können. Jenen Psychopathen, die den Hund ausschließlich als Aufputz ihres Egos brauchen, sollte der Zugriff auf solche Rassen verwehrt werden, wie auch dem Normalbürger der Zugriff auf Waffen verwehrt bleibt. Für das Besitzen einer Waffe braucht man einen Waffenbesitzschein, für das Führen einen Waffenschein, für beides muss man nicht nur bestimmte Voraussetzungen erfüllen, sondern auch einen plausiblen, triftigen Grund angeben, um diese Erlaubnis zugesprochen zu erhalten. Auch für das Halten und Führen bestimmter Hunderassen sollte man bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen und ebenso einen triftigen Grund angeben müssen. Ein „Hundeführerschein“, der a l l e n, nach ein paar Stunden „Belehrung“ über artgerechte Hundehaltung ausgestellt wird, so wie es derzeit besprochen wird, ist nutzlos und wird das Problem nicht lösen. Eine solche Maßnahme ist nur ein Alibi für die Politiker, die es sich mit der großen Anzahl von Hundehaltern nicht verscherzen will, mehr nicht. Man spricht so gerne von Populismus, das ist gelebter Populismus in Reinkultur, der wieder einmal mit einem Auge auf den nächsten Wahltermin schielt. Wenn man das Problem wirklich lösen will, wird man – schon aus Gründen der Unzuverlässigkeit von Psychotests – nicht umhinkommen, die gefährlichen Rassen für den Gebrauch durch „Otto-Normalverbraucher“ aus dem Verkehr zu ziehen.

Das Verschwinden der „politischen Mitte“!

Vielerorts, so auch heute in den Mittagsnachrichten, wird über das „Verschwinden der politischen Mitte“ geklagt. Dies finde ich deswegen bemerkenswert, weil dies im Augenblick nur mit dem Erstarken der Rechten in Verbindung gebracht wird. Als zu Zeiten Kreiskys die „politische Mitte ein Stück des Weges mit der Linken ging“, sah man das anders.

Von einem Verschwinden der pol. Mitte kann definitiv keine Rede sein, damals nicht und heute auch nicht. Um diesen Gedanken zu präzisieren, muss man sich klar machen, was mit diesem Begriff gemeint ist. Ich denke, man könnte ihn so beschreiben: Die politische Mitte besteht in der Mehrheit von Personen, denen jeglicher Radikalismus ein Greuel ist, die weder links, noch rechts stehen, die sich den herrschenden Machtverhältnissen möglichst gut anpassen, brav ihrer Arbeit nachgehen, nicht wirklich liberal, aber auch nicht wirklich konservativ sind und keine politische Utopie zu verwirklichen trachten. Sie sind keine Kämpfer, sondern verhalten sich ruhig, sie sind Pragmatiker, zumindest solange sie ihre Grundbedürfnisse abgedeckt sehen. Sie wollen ihre Ruhe und ihren Frieden. Erst dann, wenn sie ihre Grundbedürfnisse in Gefahr gebracht sehen, werden sie politisch aktiv. Was für sie in der Regel nur bedeutet, dass sie sich nach einer politischen Heimat umzusehen beginnen, die verspricht, diese Bedürfnisse sicherzustellen. Mit „Verschwinden“ hat das absolut nichts zu tun. Es gilt also dieser Mitte ein Angebot zu machen und nicht das fehlende Angebot mit dem Verschwinden zu verwechseln. Liebe Linke, die Mitte ist nach wie vor existent, sie ist nicht „verschwunden“. Ihr müsst ihr nur ein besseres Angebot machen!

Und die Intellektuellen schweigen?

In Zeiten des Umbruchs, und angeblich befinden wir uns wiedereinmal in einer solchen Umbruchszeit, ist jede „Gemeinschaft“ auf den guten Rat ihrer geistigen Eliten angewiesen. Diese geistigen Eliten, die Intellektuellen, tragen, ob sie es nun wollen oder nicht, eine große historische Verantwortung. Auch dann, wenn sie von der Gesellschaft in der sie leben, gering geachtet werden. Jede Gesellschaft braucht Menschen mit Weitblick, die auch in schwierigen Zeiten nicht den Überblick verlieren und nicht von Panik erfasst werden, wenn die Situationen einmal kompliziert werden. Vor allem dann, wenn althergebrachte Werte nicht mehr so einfach anwendbar sind, wie man es gewohnt ist, weil sie mit einander in Konflikt kommen, sollten sie Wegmarkierungen setzen können, die dem einfachen Wanderer durch die Zeit, mögliche Richtungen anzeigen. Diese Wegmarken sind nirgends auszumachen. Und sie fehlen deswegen, weil sich die Intellektuellen offensichtlich erfolgreich weigern, zu den Problemen der Zeit Stellung zu nehmen. Inwieweit sie selbst daran Schuld sind oder ob sei einfach nur nicht gefragt, ob sie von „den Medien“ absichtlich übergangen werden, sei dahingestellt. Politiker beschränken sich gerne darauf, auf den Rat der professionellen Politikberater zu hören, die meist aus ihrem ideologischen Dunstkreis rekrutiert werden, und sich schon allein deswegen gedanklich in einem streng abgesteckten Denkrahmen bewegen müssen. Das vielbeschworene „über den Tellerrand hinausblicken“ findet einfach nicht statt.

Dies ist um so mehr zu beklagen, als die derzeitigen „Führer“ der politischen Parteien, vielleicht mit einer einzigen Ausnahme, gemeint ist Frau Meinl-Reisinger, eine katastrophale „Performance“ nach der anderen hinlegen, was mich sehr daran zweifeln lässt, dass die Parteigranden die ihnen gestellten Anforderungen auch nur ansatzweise zu bestehen im Stande sind. Ich behaupte, dass Leuten wie Nehammer, Kickl, Babler und Co. absolut jede Qualifikation fehlt, ihr Amt an der Spitze des Staates so auszufüllen, dass eine gedeihliche Entwicklung hin zum Besseren erwartbar wäre. Wie kann man von Menschen erwarten, die Kinder zu McDonalds schicken wollen, damit sie ein warmes Mittagessen bekommen, zur Behandlung von Corona ein Pferdewurmmittel empfehlen oder sich im 21. Jahrhundert als Marxisten bezeichnen, dass sie die Geschicke eines Staates erfolgreich lenken? Dennoch: Man kann es nicht anders als als Paradoxie bezeichnen, wenn Nehammer dafür gescholten wird, weil er Menschen rät, sich bei Mac-Donalds zu verköstigen, um so mehr als sie das mit großer Freude und in großer Zahl ohnehin seit Jahren tun; anders sieht es aus, wenn man Leuten rät, ein Wurmmittel für Pferde als Corona-Vorsorgebehandlung zu verwenden. Wie es mit der intellektuellen Kapazität von denen steht, die sich heute – nach Millionen von Toten während des Sowjetregimes- noch als Marxisten bezeichnen, kann man letztlich nur vermuten; sich als Marxisten zu bezeichnen, dazu hat sich bekanntlich nicht einmal Marx hinreißen lassen. Der eine ausgestattet mit einem Kurs in politischer Kommunikation, der andere hat wenigstens Matura, der Dritte ist überhaupt nur Hilfsarbeiter. Nein, eine gute Schulbildung allein ist es nicht, die Qualität garantiert, dem stimme ich zu, aber ohne eine gute, umfassende Bildung ist garantiert auch keine Qualität zu erwarten. Da auch in den sogenannten „zweiten Reihen“ kaum Besseres zu finden ist, weil jeder „Leitwolf“ mit seinen Getreuen streng darauf achtet, dass in seinem Umkreis keine Konkurrenz entsteht, die ihm gefährlich werden könnte, schwindet auch der letzte Hoffnungsschimmer auf Besserung der Lage aus den Ressourcen der parteipolitischen Landschaft heraus.

Die ultimativ letzte Hoffnung richtet sich daher auf die Intellektuellen der sogenannten Zivilgesellschaft und darauf, dass diese Gruppe aufschreit und vielleicht sogar versucht, das Ruder herumzureißen. Aber auch diese Gruppe versagt leider auf der gesamten Linie. Entweder sie betätigt sich als Steigbügelhalter innerhalb ihres gewohnten politischen Umfelds, um für sich Vorteile zu generieren oder sie bleibt stumm, um wenigstens nicht aufzufallen. So werden Nehammer, Kickl, Babler und Co. – wieder nur von ihresgleichen beraten.

Ein Blick nach Brüssel ermutigt auch nicht gerade. Die wirklich großen Probleme; Wirtschaftsstagnation, Umweltfrage, Bildungsmisere, Gesundheitsversorgung, Infrastruktur, Immigration, Flüchtlingsmisere, alles liegt im Argen nirgends ist eine gemeinschaftliche Lösung in Sicht.

Zurück zur Sache:

Der Begriff „Umbruchzeit“ ist bekanntlich ein sehr dehnbarer, vielleicht sogar ein überstrapazierter Begriff, da der Mensch immer schon sich verändernden Umständen und Lebensbedingungen ausgesetzt war. Man hat sich nie darauf verlassen können, dass die Welt von heute auch noch die Welt von morgen ist. Insofern befinden wir uns in keiner wirklichen Ausnahmesituation. Das einzig Beständige war immer das Unbeständige, die Veränderung: klimatisch, sozial, wirtschaftlich, technisch; alles „fließt“.

Eine der größten Herausforderungen unserer Jahrzehnte liegt offensichtlich im Bereich der Zuwanderung. Man kann nicht leugnen, dass die Immigrationswellen der letzten Jahre, allen voran die Jahre 2015 und 2022, für den Staat und die in ihm lebenden Menschen eine große Herausforderung darstellen. Vielleicht handelt es sich sogar um eine der größten sozio-kulturellen Herausforderungen seit den Tagen der Völkerwanderung?

Auch wenn man dagegen einwenden kann, dass Österreich als Überbleibsel der Habsburger Monarchie seit langem von Zuwanderung aus allen Teile des damaligen Vielvölkerstaates geprägt ist, ist die Situation heute eine andere. Damals, zu Zeiten der Monarchie erfolgte die Zuwanderung hauptsächlich aus den europäischen Gebieten: aus Tschechien, aus der Slowakei, aus Ungarn, vielleicht noch aus der Ukraine. Die kulturellen Unterschiede waren daher bewältigbar. Einen Sozialstaat gab es nicht, jeder musste sehen, wo er bleibt und wie er es schafft. Das war für die Neuankömmlinge Anreiz genug, sich möglichst rasch zu integrieren. Heute hingegen kommen Menschen aus Afrika, Afghanistan, Pakistan, Arabien, Indien, Persien, Asien, viele also, die zwar hier ein für sie besseres Leben erwarten, gleichzeitig aber ihren traditionellen Lebensformen treu bleiben wollen. Vielen fällt es schwer, die mitteleuropäische Lebensart, die oft in krassem Gegensatz zu ihren traditionellen Wertauffassungen steht, zu akzeptieren. Nicht nur, dass sie diese Lebensart für sich selbst nicht annehmen wollen, sie erwarten auch noch, dass die hier lebende autochthone Bevölkerung auf ihre Lebensart und Wertvorstellungen Rücksicht nimmt. Sie bilden, anstatt sich zu integrieren, „Parallelgesellschaften“ und leben mit den Annehmlichkeiten und der sozialen Absicherung des modernen Europa ihr gewohntes Leben weiter, das vielfach von vormodernen, patriachalen Regeln und einer Religion bestimmt wird, die den Grundsätzen einer „offenen Gesellschaft“ diametral entgegensteht. Der liberale Staat und seine demokratischen Einrichtungen werden nicht nur abgelehnt, sondern gerne sogar durch ostentatives Ignorieren der Regeln lächerlich gemacht, eigene Rechtsordnungen (Scharia) aufrechterhalten, das Gewaltmonopol des Staates in Zweifel gezogen. Blutrache und Selbstjustiz sind an der Tagesordnung.

Wen also wundert es, dass sich die „Bandenkämpfe“ innerhalb von zugewanderten Gruppen häufen? Dass die Polizei bestimmte Bezirke in Deutschlands Städten nicht mehr zu betreten wagt und Terroranschläge zunehmen, ist inzwischen nicht mehr zu leugnen. Und die illegale Zuwanderungsrate steigt weiter rapid an, ohne dass sich die europäischen Politiker zu einer Eindämmung durchringen könnten. Alles bleibt provisorisch und möglichst nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ Einige der ehemaligen „Oststaaten“ versuchen einen Sonderweg und ernten Hohn und Verachtung.

Eine gesamteuropäische Lösung, wie man die illegale Zuwanderung über das Mittelmeer endgültig stoppen kann, ist nach wie vor nicht in Sicht. Man kann sich nicht einigen. Für die einen sind Push-backs die einzige Möglichkeit wirksam auf die illegale Einwanderung zu reagieren, für die anderen bedeutet das den Bruch der internationalen Menschenrechtscharta, die jedem eine individuelle Prüfung seines Asylanspruches zusichert.

Letztlich ist das eine rein juristische Frage, die meines Erachtens nicht nur falsch beantwortet, sondern von den Moralisten sogar in eine Frage der Ethik umfunktioniert wurde. Besonders die Frage der Einwanderung aus sogenannten „sicheren Drittstaaten“ ist es, die besonders umstritten ist. Wobei sich hier unter anderem die Frage auftut, was unter einem „sicheren Drittstaat“ zu verstehen ist. Müssen die Verhältnisse für alle im Staat lebenden Personen „sicher“ sein oder genügt es, wenn die asylsuchende Person in diesem Staat nicht mehr verfolgt wird und daher in diesem Sinne „sicher“ ist. Anders ausgedrückt, ist für eine Person, die etwa in Saudi Arabien politisch verfolgt wird, Syrien, auch wenn dort Krieg herrscht, ein sicherer Drittstaat? Ich meine: Ja!

Dass manche europäische Staaten, die Aufnahme von „kulturfremden Flüchtlingen“ größtenteils ablehnen, muss man – auch wenn es mitunter schwerfällt – akzeptieren, vor allem dann, wenn man sonst so gerne das Ideal einer „offenen Gesellschaft“ beschwört. Kennzeichen Europas ist der liberale Pluralismus und nicht autoritäres Gehabe. Es gibt Länder, die sich an einem „Verteilungsschlüssel“, der den Ländern eine Aufnahme von Flüchtlingen aufzwingen will, eben absolut nicht beteiligen wollen, weil sie fürchten, damit zu viel an Souveränität aufgeben zu müssen. Das ist zu respektieren, ebenso wie der Wunsch von Ländern Migranten und Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Sie sollen es tun dürfen. Schweden hat bekanntlich sehr lange Zeit, besonders als die Sozialdemokraten die Regierung stellten, viele Flüchtlinge aufgenommen und wurde deswegen von den Grünen und der SPÖ lange als positives Beispiel angesehen. Jetzt wird den Schweden die Rechnung dafür präsentiert. Die Bandenkämpfe, die immer wieder auch unbeteiligte Opfer fordern, sind nur mehr mit Hilfe des Militärs einzudämmen. Inzwischen haben sich die politischen Machtverhältnisse in Schweden verändert, damit ist auch die Benennung des Problems möglich geworden.

Es ist nur eine Frage der Zeit, dann wird auch Schwedens Bevölkerung seine Meinung hinsichtlich der weiteren Aufnahme von Flüchtlingen ändern. Und andere Staaten werden folgen.

Denn es nützt wenig, das Problem auf den „Sankt Nimmerleinstag“ verschieben zu wollen. Zu warten bis die Zustände von Lampedusa in ganz Europa vorzufinden sind, wird ins Verderben, womöglich sogar in bürgerkriegsartige Zustände führen.

Wo aber sind unsere Intellektuellen, die dazu Stellung nehmen? Stellung zu nehmen, heißt nicht, wortreich die eigene moralische Haltung zu präsentieren, sondern ganz pragmatische Lösungsvorschläge anzubieten. Die Intellektuellen, die Schriftsteller, die Künstler, alle schweigen. Fällt ihnen dazu nichts ein?

Einer der wenigen allgemein anerkannten Vorschläge aus den Parteien läuft darauf hinaus, mehr an geregelter, legaler Zuwanderung dadurch zu ermöglichen, dass man in den Botschaften von sicheren Anrainerstaaten der EU die Möglichkeit schafft, dort einen Asylantrag oder einen Einreiseantrag zu stellen. Die Asylwerber müssten dann dort das Ergebnis der Prüfung abwarten. Kritisiert wird, dass die Antragsteller dort in mehr oder weniger gefängnisartigen Lagern ihr Verfahren abwarten müssten. Warum das unbedingt gefängnisartige Lager sein müssen, ist mir nicht einsichtig. Es müssen überhaupt keine Lager sein, jeder Antragsteller kann das für sich regeln. Er muss nicht einmal für die europäischen Behörden erreichbar sein. Es genügt, wenn der Antragsteller von Zeit zu Zeit selbst nachfragt, ob und wie seine Sache entschieden wurde. Was ich meine ist, dass dies eine Sache praktischer Regelung ist, auf die es hier letztlich nicht ankommt.

Wovon man nicht ausgehen kann, ist die Tatsache, dass der Ausbau legaler Möglichkeiten der Einreise, die illegalen Bestrebungen aller derjenigen verhindern könnte, denen die legale Einreise verwehrt wurde. Es wäre nur all zu verständlich, wenn viele der Abgelehnten weiter versuchten, illegal nach Europa einzuwandern, wenn man sie nicht – wenn notwendig sogar mit legitimer staatlicher Gewalt – davon abhält.

Man muss sie wahrlich nicht ertrinken lassen und schon gar nicht erschießen; es würde genügen, anstatt sie mit staatlich geförderter Unterstützung der Seenotrettung nach Italien zu bringen, sie von der Küstenwache konsequent in die Nähe jener Küste zurückzuschaffen, von wo aus sie ihren illegalen Versuch starteten und ihre Boote dort mit gerade soviel Treibstoff auszustatten, dass sie bei gutem Wetter wieder die Küste ihrer Abfahrt erreichen. Das würde sich im Nu herumsprechen und zukünftige Versuche auf ein Mindestmaß zurückschrauben.

Viele Menschenleben wären gerettet. Man muss es nur tun!

„Partisan der Geistesfreiheit“

Zum Gedenken an Ernst Topitsch

Während einer durchschnittlichen Studiendauer an öffentlichen Bildungseinrichtungen ist man einigen Einflüssen, positiven wie negativen, ausgesetzt, die auch später noch, wenn man diese Institute schon lange verlassen hat, in einem nachklingen. Zumindest dann, wenn man es geschafft hat, sich wenigstens eine geringe Portion von Selbstreflexion anzutrainieren. Einer dieser ganz gravierenden, um nicht zu sagen prägenden Einflüsse, die meine Gedanken bis heute nachhaltig und wie ich meine positiv beeinflussen, verdanke ich Karl Acham, den ich an der Karl-Franzens-Universität in Graz, am Institut für Soziologie, als Lehrer erleben durfte. Seine Scharfsichtigkeit und ungetrübte Kritikfähigkeit gründeten und gründen sich auf ein unerschütterliches Fundament, das man im positivst – humanistischen Sinn als „umfassende Bildung“ bezeichnen kann. So es jemals so etwas gegeben haben mag, was Karl Mannheim als „freischwebende Intelligenz“ bezeichnet hat, so träfe das für die Geisteshaltung Karl Achams wohl ebenso zu, wie es für Ernst Topitsch – um den es im Folgenden gehen wird – zu behaupten angebracht wäre.

Es war ein Glücksmoment, der mir – wenn ich mich richtig erinnere – im Jahr 2013 beim Durchstöbern der Online-Ausgabe der Wiener Zeitung einen Artikel Karl Achams zur Kenntnis brachte, der dem Andenken eines bedeutenden Philosophen, der zudem an der Grazer Universität wirkte, gewidmet war. Es geht um einen außerordentlichen und äußerst umstrittenen Mann, dessen Bücher jedem kritischen Geist für das eigene Wachstum reichlich Nahrung bescheren. Da meine persönlichen Begegnungen mit dem hier Vorgestellten, tatsächlich nur „Begegnungen“ im wahrsten Sinn des Wortes: solche im Vorübergehen waren, ich durfte ihn leider nie als Lehrer erleben, beschränke ich mich darauf, einige Gedanken aus Karl Achams Text – wenn auch verkürzt und weniger elegant, als er es zu formulieren wusste, aufzunehmen und darzustellen.

Ernst Topitsch, um den es hier gehen soll, war ein international anerkannter Geistes- und Sozialwissenschaftler, der von verschiedensten weltanschaulich-politischen Lagern negativ (und damit wohl auch höchstwahrscheinlich grundfalsch) beurteilt wurde. Einmal galt Topitsch seinen Gegnern als „gefährlicher Marxist“, wie der katholische Existenzphilosoph Gabriel Marcel bei den Alpacher Hochschulwochen 1957 meinte, dann stand er den einen zu „rechts“, (vielleicht deswegen, weil er auch in der „Aula“ publizierte, siehe Wikipedia) dann war er bloß zu konservativ. Während die einen ihn für einen Marxisten hielten, wurde er von sowjetischer Seite als „feiger Nihilist des heroischen Positivismus“ bezeichnet. Zur Zeit der sogenannten Studentenrevolte hielt man ihn für „reaktionär“, und nicht zuletzt fand er auch noch Eingang in das „Handbuch Rechtsextremismus 1993“. „Es waren wohl die Blockwarte der geistigen Observanz, die ihm nicht nur zuwider, sondern auch so zugetan waren, dass er 1995, im Zusammenhang mit den Brief- und Rohrbombenattentaten der später als Franz Fuchs enttarnten „Bajuwarischen Befreiungsarmee“, eine polizeiliche Hausdurchsuchung über sich ergehen lassen musste.“, schreibt Karl Acham, unter dem Titel “Partisan der Geistesfreiheit“ in seinem Aufsatz.

Diese Angriffe, die Topitsch von allen Seiten bedrängten, machen ihn für mich nicht nur interessant, sondern sogar liebenswert. Insofern fühle ich eine geistige Verwandtschaft zu ihm, ohne mich vergleichen zu wollen, Topitsch war ein brillanter Denker und ein Wissenschaftler von internationalem Rang. Er veröffentlichte 14 Bücher und rund 150 Aufsätze.

Besonders eindrücklich die Sammlung „Studien zur Weltanschauungsanalyse“ (1996). Er selbst hielt die letzte Version seines Buches „Erkenntnis und Illusion“ (1988) für seine bedeutsamste Publikation; für andere liegen seine Stärken eher in der Sozialphilosophie (siehe „Sozialphilosophie zwischen Ideologie und Wissenschaft“, 1971) und Ideologiekritik (Gottwerdung und Revolution“, 1973).

Acham meint, Topitsch sei nach eigenem Bekunden besonders durch die Schriften und geistigen Haltungen von Thukydides, David Hume, Vilfredo Pareto und Max Weber beeinflusst gewesen. Wegweisend seien für ihn auch Freuds Analysen von Kultur und Religion so wie die Beschäftigung mit dem Logischen Empirismus und der genetischen Erkenntnistheorie von Konrad Lorenz.

Vor allem seine Arbeiten in den frühen 1950er Jahren über das Naturrecht und den Historismus haben Topitsch in heftige Diskussionen verstrickt.

So bedienen sich, wie Topitsch in seinem berühmten Aufsatz „Über Leerformeln“ (1960) etwa am Begriff „Dialektik“ oder „Ganzheit“ zeigt, mehrere einander bekämpfende Gruppen sogar der gleichen Prestigewörter, welche dann oft, gemeinsam mit pseudotheoretischen Erklärungen, eine bedeutende Rolle im politischen Leben zukommt. Das begrifflich und theoretisch vielfach unbestimmte Schrifttum von Hegel wird dabei von ihm gleichermßen kritisch in Betracht gezogen wie einige hochgradig alerte Wendungen bei Karl Marx, Ernst Bloch, Jürgen Habermas und Carl Schmitt,[…].“

Vor allem eine seiner letzten Publikationen „Stalins Krieg“ (1985, 1998), in der Topitsch darstellte, dass es sich im Jahr 1941 um einen Zusammenprall zweier Stoßrichtungen totalitärer Eroberungspolitik handelte, wobei der eine Aggressor dem anderen um eine nicht sehr große Zeitdifferenz zuvorgekommen ist, hatte „statt ernsthafter Diskussion oft nur höhnische und auch hasserfüllte Reaktionen zur Folge. […] Diese Darstellung der Sachlage kommt in den Augen bestimmter Vertreter der Zeitgeschichteforschung geradezu einem Sakrileg gleich.

Das Abweichen seiner Forschungsergebnisse vom „historischen Grundkonsenstrug maßgeblich dazu bei, dass Topitsch einen Teil seiner Publikationsmöglichkeiten verlor. Topitsch blieb sich aber dennoch treu und „sah es als eine Sache der intellektuellen Redlichkeit an, „die Illusionisten aufzuklären, die Hypokriten zu entlarven, die präsumptiven Opfer zu warnen und so die Freiheit zu schützen.“

Es ist für jeden kritischen Geist überaus lohnend, so sei abschließend festgehalten, sich intensiv und ernsthaft mit den Forschungsergebnissen von Ernst Topitsch zu beschäftigen; man muss ihm ja nicht überall kritiklos zustimmen, was ihm auch nie gefallen hätte; aber einen offenen Geist vorausgesetzt, wird man dabei in jedem Fall eine Fülle von Erkenntnissen gewinnen, die das eigene Bild ungemein zu bereichern im Stande sind. Als mein Lieblingsbuch darf ich „Überprüfbarkeit und Beliebigkeit, Die beiden letzten Abhandlungen des Autors“, Herausgegeben von Karl Acham, Böhlau, 2005, empfehlen. Keinesfalls sollte man sich leichtfertig und ohne sich ein eigenes Bild zu machen, jenen Meinungen anschließen, die Ihn als „Rechtsextremisten“ abstempeln, um sich nicht mit seinen Thesen auseinandersetzen zu müssen. Das wird weder seinen Leistungen gerecht, noch dem, was man als Versuch einer objektiven Wissenschaftlichkeit im Sinne Max Webers verstehen sollte.

PS.: Die kursiv gestellten Textteile sind Zitate aus dem oben erwähnten Aufsatz von Karl Acham, seit 2008 emeritiert, er lehrte Soziologie und Philosophie an der Univ. Graz, hatte zahlreiche Gastprofessuren im Ausland und ist Träger des Österr. Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst

Bassano – schlaflos unter dem italienischen Sternenhimmel

Unsere Väter, die alten Nazis (Achtung Sarkasmus) hätten sicher eine Freude gehabt, wenn sie sähen, dass wir, ihre Nachkommen, jetzt wo alles verboten wurde, was mit ihrer Ideologie in Zusammenhang gebracht werden könnte, mit fliegenden Fahnen zu ihren ehemaligen Feinden, den Kommunisten, überlaufen. Aber vielleicht hätten sie inzwischen ihren historischen Irrtum, der der Feindschaft zwischen Nationalsozialismus und Bolschewismus zugrunde lag, ohnehin längst erkannt. Vielleicht wären auch ihnen, nicht nur uns, die offensichtlichen Gemeinsamkeiten klar geworden, die den Kommunismus und den Nationalsozialismus immer schon verbunden haben. Diese Gemeinsamkeiten dürfen jetzt, da der Nationalsozialismus verboten ist, im Kommunismus ungestört ausgelebt werden: Die ideologische und faktische Vernichtung des Individuums, die Hinwendung zu einer durch und durch totalitären Staatsorganisation, nicht zuletzt die Beseitigung der demokratischen Staatsverfassung bis hin zum Fuehrerkult, alles das fand und findet sich in kommunistischen Gesellschaften ebenso wie es sich im Nationalsozialismus fand. Beide wünschten sich den Staat als Diktatur; einmal eine religiös verbraemte Diktatur eines beseelten Führers, das andere Mal die Diktatur des Proletariats. Man muss nur „Klasse“ durch „Rasse“ ersetzen und das „prolet“ vor „arisch“ setzen und schon fügt sich eines zum andern.

Und noch eine nicht minder bedeutsame Gemeinsamkeit lässt sich erkennen: Die Lust am Massenmord! Die Nationalsozialisten mordeten so an die sechs Millionen Menschen, größtenteils mosaischen Glaubens, die Kommunisten der ehemaligen UdSSR waren im Umgang mit ihren Kulacken auch nicht gerade zimperlich und wie viele Menschen in den Gulags umkamen, werden wir vielleicht auch noch einmal genauer erfahren. Die Millionen von Toten, die auf das Konto des Kommunisten Mao Tsedong gehen, nicht zu vergessen; der Chinese nannte seine „Säuberungen“ beschönigend sogar Kulturrevolution. Vielleicht hatte er gerade deswegen viele Fans in den Kulturnationen Westeuropas requirieren koennen? Auch Kuba und Nordkorea sollte man nicht vergessen; und weil es näher liegt, die „Mauertoten“ der DDR dürfen auch nicht unerwähnt bleiben. Wenn das auch alles angeblich weniger verbrecherisch war, als das verbrecherische Tun der nationalsozialistischen Moerderbande, so ist es doch bei weitem verbrecherisch genug, um heute jene Parteien zu verbieten, die sich offen zu den selben ideologischen, also kommunistischen, Grundsätzen bekennen, nach denen auch die Vorgenannten handelten. Wenn in einer Demokratie gutgeheissen werden kann, dass man zu ihrem Schutz politische Ideologien durch „Verbotsgesetz“ unterdrückt, so besteht meines Erachtens kein trifftiger Grund, dass man dieses Gesetz nicht auch auf die Kommunistische Partei anwenden sollte.

Dass man bisher darüber öffentlich weder nachgedacht noch diskutiert hat, schreibe ich der Tatsache zu, dass die KPÖ in Wahlen kaum einmal mehr als 4 Prozent Zustimmung erhalten hat,. Offensichtlich war das zuwenig Zuspruch, um das Problem wahrzunehmen. Das hat sich geändert, wie man weiß. Die Kommunisten haben Kreide gegessen und verkleiden sich erfolgreich als soziale Menschenfreunde. Das „Soziale“ konnten die Nazis aber auch ganz gut. Sie sammelten für das Winterhilfswerk, organisierten das „Kraft durch Freude – Programm“, alles für den „Kleinen Mann“. Eine weitere Gemeinsamkeit kristallisiert sich heraus: die „Solidarität“, das Soziale. Bei den Kommunisten zeigt es sich als Solidarität der internationalen Arbeiterschaft, bei den Nationalsozialisten bezog sich die Solidarität auf die Volksgemeinschaft. Keiner der beiden hatte a l l e im Sinn. Und beide Ideologien schützen sich vor Kritik indem sie sich durch einen beliebten Trick immunisieren. Sie behaupten, Kritiker hätten einfach das „falsche Bewusstsein“, seien also durch die Umstände so verblendet, dass sie die wahren Fakten und Zusammenhänge gar nicht erkennen können. Ein Trick, der in vielen Bereichen seit urdenklichen Zeiten zu Bewahrung allerlei esoterisch – religiösen „Wissens“ angewendet wird. Wie lange werden wir ihnen, den Ideologen, noch hereinfallen?

Epilog:

Die Idee zu diesem Text verdanke ich einer fast schlaflosen Nacht in einer (sonst sehr gemütlichen) Hängematte unter dem Sternenhimmel nahe des kleinen Städtchens Bassano im schönen Italien. Über mir zogen einige Charter – Jets ihre Bahnen, die Urlaubsreife ihrem Traumziel näherbrachten. Die Grillen zirpten wie verrückt, von Fern hörte ich das dumpfe Dröhnen einer Disco. Nur manchmal setzte sich ein Fetzen Musik durch. Hin und wieder blitzt aber doch ein Gedanke an den Krieg auf. Wir Menschen wären imstande so viel Schönes zu schaffen. Ich glaube, irgendwas hat er grundlegend falsch gemacht, der „Liebe Gott“!