Zum Tod des russischen Regimekritikers Alexei Anatoljewitsch Navalny

Der russische Regimekritiker, Dokumentarfilmer und Aktivist, der ein Attentat des russischen Geheimdienstes nur knapp überlebte, ist am 16. Februar dieses Jahres im Straflager verstorben. Welche Rolle genau diese schillernde Figur, die lange Zeit von den westlichen Medien als „rechtsextrem“ eingestuft wurde, in der russischen Politik gespielt hat, vermag ich nicht zu beurteilen. Tatsache ist, dass sein Engagement gegen das herrschende Regime Putin ihm im Westen große Sympathie einbrachte. Er war ein im Westen geachteter Aufdecker und Oppositioneller, kritisierte er doch den „Feind“. Jene Oppositionellen, die interne Missstände ( die immer geheim sind) im Westen aufdecken, sind weniger beliebt. Sie gelten als „Vaterlandsverräter“ und müssen mit Haftstrafen zurecht kommen. Wie man Geheimnisverräter behandelt, darin sind sich der angeblich demokratische Westen und das angeblich diktatorische Russland einig. Sie werfen diese „Kreaturen“ ins Gefängnis.

Das Messen mit zweierlei Maß war immer schon eine beliebte Möglichkeit der Indoktrination (In-group Tugenden sind Out-group Laster) und gehört inzwischen längst auch zur politischen Kultur des angeblich friedlichen Europa. Navalny ist ein Märtyrer und Assange ein verachtenswertes Individuum! So wird es von den ach-so-freien westlichen Medien dargestellt.

Missstände müssen aufgedeckt und beseitigt werden. Das entspricht dem Bedürfnis nach Information, den Grundsätzen der freien Meinungsäußerung, der Medienfreiheit und somit also dem vielbeschworenen europäischen Wertekanon. Das Berufen auf die sogenannten „europäischen Werte“ hat inzwischen aber bereits jede Glaubwürdigkeit eingebüßt, durch die Unterstützung von Regimen wie dem in Saudi Arabien beispielsweise, aber auch durch die unverhältnismäßig vorangetriebene Ausdehnung der NATO.

Europa hat seine Unschuld damit verloren! Das „Friedensprojekt“ wurde zu einem „Machtprojekt“. Unversehens wurde Europa dadurch politisch, aber auch wirtschaftlich, – nicht aus Dummheit, das wäre angesichts der intellektuellen Kapazität der öst. und dt. Führungseliten versteh und eventuell sogar verzeihbar, – sondern, wie ich glaube, mutwillig und mit Berechnung von einer verantwortungslosen Politikerkaste, deren Interesse offensichtlich leider nicht von den Bedürfnissen der europäischen Bevölkerung, sondern von Partikularinteressen einiger Konzerne geleitet ist, an den Rand eines Fiaskos, wenn nicht gar an den Rand eines dritten großen Krieges geführt.

Man kann nur hoffen, und ich hoffe es immer noch, dass die wenigen Vernünftigen, die es noch gibt, in ihren Deeskalationsbemühungen erfolgreich sein werden. Wenn wir bis jetzt aus der Geschichte nichts gelernt haben, werden wir vielleicht keine Möglichkeit des Lernens mehr bekommen. „Trial and error“ funktioniert mit Atombomben leider nicht.

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