War Aristoteles ein Faschist?

War Aristoteles ein Faschist?

Bis vor Kurzem hätte mich diese Frage vielleicht sogar empört, und ich hätte sie ohne Zweifel mit einem eindeutigen und überzeugten „Nein“ beantwortet. Vor wenigen Tagen fand ich jedoch die unten folgende Textstelle, die mich einigermaßen verwunderte, weil ich diesem wichtigen griechischen Philosophen bisher nur in positiven Konnotationen begegnet bin. Wiederum zeigt sich die „Gefährlichkeit“ von Halbwissen. Es gilt, was immer gilt: Man hüte sich vor strikten Urteilen, solange man nicht sicher ist, über genügend Informationen zu verfügen. Und: Man lernt nie aus!

„Es gibt Menschen, die befähigt sind, Anweisungen zu geben, und solche, die geeignet sind, sie auszuführen.[…] Zu Herren sind vor allem die Griechen bestimmt, während die nichtgriechischen Völkerschaften, von den Griechen Barbaren genannt, sich insbesondere zu Sklaven eignen.“ (Vgl. Pol.I 4-6)

Mit den Maßstäben unserer Zeit gemessen, die als Kennzeichen des Faschismus u.a. das Postulieren einer „Herrenrasse“ nennt, die von Natur aus berufen und befähigt ist, alle anderen (niederen) Rassen zu dominieren, müsste man ihn wohl so einordnen!

Dieses Beispiel zeigt aber auch einmal mehr, wie schwierig es für nachfolgende Generationen ist, historische Personen und Ereignisse angemessen zu beurteilen, wenn dabei aktuell geltende ethische Maßstäbe angelegt werden.

Quelle: „Politische Philosophie“, Ein Lesebuch, Texte, Analysen, Kommentare, Rowohlts Enzyklopädie, 1984, Hg. Burghard König, S. 70

Bildquelle: Wikipedia, gemeinfrei

4 Gedanken zu „War Aristoteles ein Faschist?

  1. Guten Morgen!
    Danke fuer Ihre prompte Replik. (Gerade stelle ich fest, dass wir scheinbar einige fruehere Eintraege von Ihnen verpassten; warum ist uns unklar.
    „…Er würde von den Medien sofort „öffentlich hingerichtet“!…“
    Absolut. Voltaire waere im Knast wegen Volksverhetzung und Antisemitismus. Unser Hegel ein rechter Reaktionaer, Kant haette Man vielleicht verschont, weil er die Vernunft dem lieben Gott ueberliess. Goethe haette (und in der Tat hatte!) sicher Probleme, Schiller waere unter Beobachtung vom Verfassungsschutz wegen seinem Beitrag zu den Zenien… LOL.
    Uns geht es ok. Der Covid-Schwachsinn war hier viel weniger intensiv und – laut Regierung – auf Null. Die haben eben aufgehoert zu testen!

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  2. Hallo und willkommen zurueck!
    Aristoteles ein Faschist – dann wohl eher Platon! Im Ernst, der Begriff des Faschismus scheint hier falsch plaziert – es ist ein recht neuzeitiges Wort und bezieht sich auf einen nationalen Sozialismus (den die Linke besetzt hat als Beschimpfung alles was sich ihnen nicht anschliesst).
    Die Zeit bis zur Renaissance (?) war beseelt von Voelkern, die herrschten – und den Beherrschten (Barbaren). Auf gleichen Laendereien, wie im mittelalterlichen England, wechselte sich die Herrschaft der gehobenen Rassen mit den Barbaren, Angeln, Normannen, Welsh und Marchers.
    Schoen wieder von Ihnen zu „hoeren“. Es geht Ihnen hoffentlich gut?
    MFG

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    1. Danke für Ihren Kommentar und Ihre „Treue“. Ich hätte mich längst aus der Follower-Liste gelöscht, bei so langem Stillstand auf dieser Seite. Es wird Sie nicht wundern, dass Ich Ihren Ausführungen vollinhaltlich zustimme. Ich würde Aristoteles auch nicht als Faschisten bezeichnen, nicht nur deswegen, weil die europäische Kultur ihm viel verdankt, sondern weil es – wie ich glaube und darzustellen versuchte – unzulässig ist, die historische Periode seiner Tätigkeit mit Maßstäben unserer Zeit zu beurteilen und ihn so in eine Kategorie zu verbannen, die im gegenwärtigen Common-sense ausschließlich negativ besetzt ist. Ich glaube nicht, dass Sie mich missverstanden haben. Aber und darauf wollte ich in der Kürze hinaus: Nehmen wir an, Aristoteles wäre ein Zeitgenosse. Würden seine Verdienste um die Philosophie, sein gesamtes Wirken durch so eine Feststellung, wie ich sie oben zitierte, nicht automatisch durch die öffentliche Meinung ausgelöscht, ausradiert? Er würde von den Medien sofort „öffentlich hingerichtet“! Heute genügt bekanntlich schon, sich nicht an die Genderregeln zu halten oder zu bezweifeln, dass das Geschlecht eine soziale Konstruktion ist, um als Universitätsprofessor den Job zu verlieren. (Und…ja, danke, es geht mir gut! Ich hoffe es für Sie ebenso.)

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