Hundeführerschein oder Hunde-„Waffenschein“?

„Es ist nicht die Waffe, die tötet, es ist der Mensch!“ So oder ähnlich argumentieren die Waffenlobbyisten in den USA.

Seit Jahren bringen sie jede Bestrebung den privaten Waffenbesitz, ein seit den Tagen der Eroberung des Westens verbrieftes Grundrecht amerikanischer Bürger, zu beschränken zu Fall. Dass sich die Zeiten seit den Tagen dieser „Verbriefung“ geändert haben, wird wohl niemand bestreiten. Dennoch beharrt ein Großteil der amerikanischen Bevölkerung auf seinem Recht, Waffen nicht nur zu besitzen, sondern auch mit sich zu führen. Den Waffenbesitz einzuschränken, wird seit vielen Jahrzehnten versucht, gelungen ist das Vorhaben bisher nicht. Obgleich nach jedem „Amoklauf“ der Ruf nach strengeren Waffengesetzen laut wird, geschieht nichts. Das Waffenrecht in Österreich ist weniger liberal, doch auch hier ist einiges zu viel an Material in Umlauf. Es hält sich aber insgesamt im Erträglichen.

Österreich hat ein anderes, ähnliches „Gewalt-Problem“. Nachdem der Zugang zu Waffen nicht so einfach ist, behilft man sich mit anderem, aber gleichwertigem Ersatz. Man hält sich „Kampf-Hunde“. Nicht jeder Hund ist eine Waffe, natürlich; es gibt ausgesprochen liebenswerte, gutmütige Vertreter; Schoßhündchen, die nur zum „Gernhaben“ gehalten werden, solche mit denen man gerne spazieren geht, solche, die für bestimmte Zwecke gezüchtet werden (Jagdhunde, Hirtenhunde, Rettungshunde etc.) Und es gibt gefährliche und weniger gefährliche; höchst selten im Zusammenhang mit Beißattacken genannt werden, beispielsweise der Golden Retriever, der Pudel, der Dackel, und viele andere; und dann gibt es aber auch jene, die über Jahrzehnte für den „Kampf“ gezüchtet wurden. Man muss kein Experte in „Vererbungslehre“ sein, wenn man feststellt, dass das Genmaterial eine nicht unwesentliche, wenn auch nicht ausschließliche Rolle für das Verhalten eines Tieres spielt. (Kampfstiere, für die Arena in Spanien werden mit großem Erfolg so gezüchtet, dass sie ein möglichst großes Aggressionspotential entwickeln) Dass auch jene Rassen, die gemeinhin als „Kampfhunde“ bezeichnet werden, genetisch dahin gezüchtet wurden, dass sie ihr Aggressionspotential möglichst optimieren, wird einsichtig sein. Dass diese genetische Option erst unter entsprechender Förderung in vollem Umfang zu Tage tritt, ist ebenso einsichtig. Fehlt diese Förderung, wird diese genetische Option der latenten Bereitschaft zu Kampf im Zaume zu halten sein. Der Hund wird sich vielleicht ganz und gar unauffällig und „rasseuntypisch“ verhalten. Wehe aber, diese latente Bereitschaft zum Kampf wird durch einen „Trigger“ angefacht. Dann sind alle überrascht, dass das „liebe Viecherl“ so reagiert hat.

Der tragische Vorfall in der jüngsten Vergangenheit, bei dem eine Joggerin von einem „Kampfhund“ totgebissen wurde ist allen in Erinnerung. Ohne den Einzelfall hier beurteilen zu wollen, ist einiges auffällig.

Auffällig ist, dass nach diesem „Vorfall“ vom ORF Interviews geführt wurden, mit Nachbarn des Opfers, die durchwegs schockiert klangen und wen wundert’s, sogleich mit calmierenden „Tierschützern“, die sofort zu beteuern wussten, dass es überhaupt keinen Grund gäbe von der Gefährlichkeit von Kampfhunden zu sprechen. Nicht die Hunde seien es, die gefährlich wären, das Problem gehe immer von deren Besitzern aus. Würde der Hund „artgerecht“ gehalten, würde es auch keine Probleme geben, sagt man. Vielleicht war ja ohnehin die Joggerin schuld? Das hätte gerade noch gefehlt. Wie aber hält man einen Hund einer Rasse, die Jahrzehnte für den Kampf gezüchtet wurde, „artgerecht“? Lässt man ihn kämpfen? Das ist in Österreich verboten, denke ich.

Die andere Möglichkeit besteht darin, diese Tiere zu „befrieden“. Man muss alles tun, ihre genetischen Optionen Aggressionen zu entwickeln, möglichst zu unterdrücken. Das mag in einzelnen Fällen gut gelingen. In anderen Fällen gelingt das nicht, in einigen Fällen versucht man es gleich gar nicht. Im hier zit. Fall soll der Hund sogar „illegal scharfgemacht“ worden sein, hört man. Wenn das der Fall gewesen ist, sollte die Halterin die volle Strenge des Gesetzes treffen. Einige Jahre Haft (fünf bis zehn) unbedingt ausgesprochen, fände ich angebracht. Umso mehr als man auch im Sinne der „Generalprävention“ Recht zu sprechen hätte. Wenn es wirklich so ist, dass den Hund keine Schuld trifft, dann trifft die Schuld die Halterin allein, dann ist diese Strafe nicht zu hoch. (Mehr als ein paar Monate bedingt, wird dabei wohl nicht herauskommen, sagt mir meine Erfahrung. Und das Opfer bleibt auf ewig tot! Was für ein Verhältnis?)

Wenn aber Kampfhunde gefährlicher sind als andere, dann vermindert das den Schuldanteil der Halterin? Vielleicht wusste sie gar nicht, welche Waffe sie da „Gassi führt“?

Dummheit ist bekanntlich nicht strafbar.

Ein beliebtes Argument der Hundeliebhaber ist, dass es angeblich keine wissenschaftliche Hinweise darauf gäbe, dass bestimmte Hunderassen gefährlicher als andere sind. Dieses Argument negiert natürlich alle Erkenntnisse der „Vererbungslehre“ und stützt sich fast ausschließlich darauf, dass es keine Statistik darüber gäbe, welche Hunderassen besonders oft in Beißattacken verwickelt sind. Auch wenn bisher keine offizielle Statistik angelegt wurde, ist jeder von uns in der Lage aus der Erfahrung heraus jene Hunderassen aufzuzählen, die besonders oft als „Beisser“ in Erscheinung treten.

Welche Rassen fallen uns ein?

Dobermann, Rottweiler, Schäferhund, und jene Rassen, die man eben als „Kampfhunde“ bezeichnet. Die Reihenfolge ist beliebig. Daneben gibt es noch einige „kleine Kläffer“, die hin und wieder auch „zwicken“, aber keine Gefahr für das Leben darstellen.

Ich verstehe Menschen, die Hunde lieben und Hunde halten. Ich liebe Hunde auch. Einst habe auch ich mein Herz an einen Deutschen Schäfer verloren. Deswegen möchte ich ein bisschen davon erzählen.

Das kleine Etwas, das meine Frau damals in einem geflochtenen Körbchen nach Hause brachte, war also ein Deutscher Schäfer. Ein flauschiges Knäuel, das sofort unser aller Liebling war. Es ist schon einige Jahrzehnte her, damals war von „Welpenschule“ noch keine Rede. Aber als er halbwegs gewachsen war, kam er in die „Hundeschule“. Einige Kurse in „Gerhorsam“ machte ich mit ihm. Dann stellte sich die Frage, ob wir auch das „Schutzprogramm“ mit ihm machen sollten.

Wir lebten damals in einem abgeschiedenen Bauernhaus, um dort Schafe zu züchten; der nächste Nachbar war ca. 600m Luftlinie entfernt und einen „Schutzhund“ für das Haus (und die Herde) zu besitzen, schien uns nicht abwegig. Zwei Stunden Schutzausbildung, die uns sein Aggressionspotential mehr als deutlich vor Augen führten, haben uns genügt, um die Ausbildung sofort abzubrechen. Diesen Hund das gesamte Schutzprogramm durchlaufen zu lassen, schien mir zu riskant, weil mir sofort bewusst war, dass ich mit diesem Hund so lange er am Leben sein würde, „arbeiten“ müsste, sollte er nicht zu einer unberechenbaren Gefahr werden. Diese Zeit hätte ich nicht aufwänden können. Daher gab es nur eines, Abbruch der Schutzausbildung! Der Hund wurde „befriedet“ und zu einem Familienhund erzogen, war immer wachsam und bis zu seinem Tod mit 14 Jahren nie wirklich gefährlich.

Was ich damit sagen will ist, dass es für Hundeliebhaber eigentlich keinen vernünftigen Grund gibt, auf Rassen zu greifen, die aufgrund ihrer Größe und genetischen Optionen zu einer Gefahr für andere Menschen werden können. Jenen Psychopathen, die den Hund ausschließlich als Aufputz ihres Egos brauchen, sollte der Zugriff auf solche Rassen verwehrt werden, wie auch dem Normalbürger der Zugriff auf Waffen verwehrt bleibt. Für das Besitzen einer Waffe braucht man einen Waffenbesitzschein, für das Führen einen Waffenschein, für beides muss man nicht nur bestimmte Voraussetzungen erfüllen, sondern auch einen plausiblen, triftigen Grund angeben, um diese Erlaubnis zugesprochen zu erhalten. Auch für das Halten und Führen bestimmter Hunderassen sollte man bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen und ebenso einen triftigen Grund angeben müssen. Ein „Hundeführerschein“, der a l l e n, nach ein paar Stunden „Belehrung“ über artgerechte Hundehaltung ausgestellt wird, so wie es derzeit besprochen wird, ist nutzlos und wird das Problem nicht lösen. Eine solche Maßnahme ist nur ein Alibi für die Politiker, die es sich mit der großen Anzahl von Hundehaltern nicht verscherzen will, mehr nicht. Man spricht so gerne von Populismus, das ist gelebter Populismus in Reinkultur, der wieder einmal mit einem Auge auf den nächsten Wahltermin schielt. Wenn man das Problem wirklich lösen will, wird man – schon aus Gründen der Unzuverlässigkeit von Psychotests – nicht umhinkommen, die gefährlichen Rassen für den Gebrauch durch „Otto-Normalverbraucher“ aus dem Verkehr zu ziehen.

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